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Jugendherberge am Rhein
* Wer einmal den steilen Weg durch die Weinberge zur Jugendherberge Burg Stahleck hinaufgestiegen ist und dann von der mittelalterlichen Festung auf den Rhein hinuntergeblickt hat, dem wird dieses Erlebnis fü r immer in Erinnerung bleiben. Burg Stahleck, nahe dem Stä dtchen Bacharach, ist wohl eine der schö nsten Jugendherbergen Deutschlands. Die jungen Gä ste aus aller Welt sind nicht nur von der auß ergewö hnlichen Lage begeistert, sondern ihnen gefä llt auch die gemü tliche Atmosphä re und der erstklassige Komfort. BACHARACH AM RHEIN — «Na wo bleiben sie denn?» fragt der Herbergsvater Werner Falke und schaut zur Uhr. Es ist schon fast halb acht, aber noch lassen sie auf sich warten die siebzig jungen Leute, Amerikaner und Deutsche, die auf einer Freundschaftstour durch Deutschland auch eine Nacht am Rhein verbringen. Nur ein Paar Kinder spielen Fangen auf dem Burghof der Jugendherberge Stahleck hoch ü ber dem historischen Weinort Bacharach, und Falke sorgt sich um das Abendprogramm. Eigentlich sollte sich jetzt der Speisesaal, in dem von 18 Uhr bis 19.15 Uhr warmes Essen ausgegeben wird, in eine Cafeteria mit Kerzenlicht und roten Deckchen verwandeln. Dann wird hier der Ausschank freigegeben, Bier und natü rlich Wein, bevorzugt «Schloss Stahleck», eine Weinlage, auf die man von vielen Fenstern der Burg aus dem 11. Jahrhundert blickt, und andere feine Tropfen wie die «BacharacherWolfshö hle». Doch dann, Falkes Miene entspannt sich, kommen sie durch den engen Torbogen auf den Burghof. Nur einer aus dem ersten Schwung geht auf Falke zu, alle anderen wenden sich wie magisch angezogen nach rechts zur Brü stung, wo sich der Blick ü ber den Rhein und die Rebenhä nge erö ffnet. Einen Augenblick lang sind die jungen Leute wie erschlagen. Wä hrenddessen kurze Lagebesprechung zwischen Falke und dem Jugendgruppenleiter. «Schnell, im Untergeschoss gibt's was zu essen», spornt der seine Leute an, und wenig spä ter sitzen die Jugendlichen dann vor Zwiebelsuppe, Frikassee mit Reis und grü nem Wackelpeter. Fü r Vegetarier gibt es Gemü sekotelett. «Gut, das hat ja gerade noch geklappt», sagt Falke. Ohne ein gewisses Maß an Disziplin und Ordnung kö nnte er die 170 Gä ste, die unter seinem Dach Platz haben, nicht bewä ltigen, doch «regiert» er stets wohlwollend. Er will seiner Berufsbezeichnung als Herbergs-«Vater» gerecht werden. «Leute in Massen einchecken kann jeder», sagt der 44 Jahre alte gelernte Kaufmann, «aber ich mö chte meine Gä ste auch begrü ß en, und die merken sich schon, wo man freundlich zu ihnen war». Willkommen ist jedermann in den 622 Hä usern des deutschen Jugendherbergswerks, gleich welcher Nationalitä t, Hautfarbe und Religion, gleich welchen Alters, vorausgesetzt, er ist Mitglied des Jugendherbergs werks. Burg Stahleck, auch «Jugendburg» genannt, gehö rt jetzt zur fü nften gehobenen Kategorie der Herbergen; sie wurde vor kurzem fü r 8, 4 Millionen Mark renoviert und hat noch keinen Kratzer. Putzen entfä llt
Spä ter steht Bernhard Falke dann inmitten der deutschamerikanischen Jugendgruppe und hä lt seine Begrü ß ungsansprache auf Englisch. Zwar gelten fü r alle Jugendherbergen die gleichen Regeln, doch hier und da gibt es Abweichungen, je nach Fü hrungsstil der Herbergseltern. Dass man seinen Tisch- und Bettplatz selbst in Ordnung hä lt, ist Ehrensache. Aber auf «Stahleck» etwa entfä llt fü r die Gä ste das Putzen. In der verwinkelten Burg wä re eine Kontrolle fü r die Herbergseltern fast unmö glich. Man stellt lieber Putzkrä fte ein und weiß dann, das Haus ist sauber. Dass die oft ü blichen «Pflichten» (Staubwischen, Fegen, Spü len oder Abtrocknen) entfallen, nehmen die jungen Leute in Jeans und Sweatshirts erleichtert auf. Die Zeiten von Schlafsä len fü r zwanzig Mann sind auf «Stahleck» vorbei. Bei der Renovierung wurden die Zimmer verkleinert, auch muss man nicht ganze Stockwerke nach den Waschrä umen durchwandern. Das traute Zä hneputzen Schulter an Schulter an gesprungenen Waschbecken mit glibberigen Seifenresten hat ein Ende. Man schlä ft nun in Stockbetten — etwa zu sechst oder zu zehnt — in einem Raum, wenn nö tig wird auch noch ein weiteres Bett da-zugestellt. Die Bettwä sche auf den hellen Buchenmö beln ist orange-grü n kariert, ein kleines Badezimmer gleich nebenan. Die Duschkabinen sind blitzsauber. «Excuse me, where is the Toorm?» fragt an der Rezeption ein-junger Mann aus Michigan, der mit seinem schweren Rucksack auf dem Buckel schon die ganze Burg nach seiner Zimmernummer abgesucht hat. Dass sein Bett tatsä chlich in dem mittelalterlichen Turm steht, ü berrascht ihn denn doch. «Ja, wirklich», sagt Falke schmunzelnd, und der Amerikaner zieht ab; 75 Stufen hö her findet er dann sein Lager. «Ні», sagt er zu den Zimmergenossen, «hi» antworten die. «Woher?» fragt er. «Wohin?» fragen sie. Man bleibt sich nicht lange fremd in Jugendherbergen, man ist freundlich und man respektiert einander. Spä testens abends in der Cafeteria beginnen sich die Tische zu mischen, manche reden sich bis in die Nacht die Kö pfe heiß, hier werden Freundschaften geknü pft und manchmal auch Ehen angebahnt, wie Falke sagt. Stahleck prä gt sich ein. «Wenn die Leute an lauen Sommernä chten auf dem Burghof sitzen und das Mondlicht auf dem Rhein glitzert, dann kommen einige helle Trä nen vor Rü hrung», sagt Bernhard Falke. Wer einmal den steilen Weg vom Bahnhof mit seinem Rucksack hier hinaufgestiegen ist, durch die Weinberge und das Wä ldchen, der hat daheim was zu erzä hlen. «Der kehrt auch irgendwann in seinem Leben mal wieder hierher zurü ck» sagt Falke, «nicht mehr per pedes, aber vielleicht im Mercedes, und oft sind dann schon die eigenen Kinder dabei, die sollen das auch sehen».
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