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Mehmet ist ganz anders, als Yildiz gedacht hat, und Murat hat sich zu Наше mit den Skins geprugelt






Die Grossmutter gab vor der Abreise von Yildiz und Serdal ein grosses Festessen. Yildiz half ihr bei der Vorberei-tung der vielen Salate, Desserts und Vorspeisen. Zum Abschiedsfest kam auch Mehmet. Yildiz hatte eigentlich gar nicht mehr an ihn gedacht. Seine Mutter war auch da. „Du willst das Abitur machen und dann stu-dieren, stimmt das etwa, Yildiz? " „Ja, das habe ich vor." „Das wird aber lange dauern. Du bist dann schon ziem-hch alt." Yildiz lä chelte und antwortete: „Ich will einen Beruf haben, Frau Tű rkoz."

„Mein Sohn kann seine Frau ernahren." Stolz blickte Mehmets Mutter auf ihren Jungen, der bei den Mannern stand. „Er ist Beamter." Yildiz musste lä cheln. „Wie schon fű r seine spä tere Frau", sagte sie. „Wenn ich einmal heira-te, soil mein Mann damit einverstanden sein, dass ich auch einen Beruf habe."

Ohne ein Wort zu sagen, stand Mehmets Mutter auf und ging zu den anderen Frauen zurű ck.

Anscheinend hatte sie ihrem Sohn etwas von dem kurzen Gesprach gesagt. Denn als Mehmet schliesslich zu ihr kam, merkte sie, dass er nach einer Frage suchte. „Ihr kommt zurű ck? ", wollte er schliesslich wissen. „Vielleicht. Warum? "

Er sah zu Boden. Dann sagte er bestimmt: „Ich will weg von hier. Nach Deutschland." „Ich denke, du bist Beamter? "

Mehmet schuttelte den Kopf. „Das sieht nur meine Mutter so. Klar, ich arbeite im Burgermeisteramt. Aber ichtrage Akten herum, bringe Tee in die Bű ros. Das ist kein Leben fű r mich. Meine Mutter ist stolz, dass ich jeden Tag ins Rathaus gehe. Aber ich will nicht hier bleiben." Yildiz dachte: Hat er ű berhaupt das richtige Bild von dem Land, in das er will? Sie merkte aber sofort, dass er nichts von dem wusste, was gerade in Deutschland los war. Und so erzä hlte sie einfach vom Leben in ihrer Kleinstadt und den Leuten. Sie erzä hlte, wie es wirkhch war. „Kommt ihr deshalb zurű ck?, fragte Mehmet enttauscht. „Aber es sind doch nicht alle Deutschen so! " „Nein, nicht alle. Die meisten jedenfalls nicht. Ich habe viele Freunde, die denken ganz bestimmt nicht so." „Hast du auch einen Freund? ", fragte Mehmet und wurde fast rot dabei. „Ich meine einen, den du gern hast." Yildiz nickte. „Er heisst Markus", sagte sie leise. „Ich liebe ihn. Aber ich weiss nicht, wie es mit uns weitergeht, wenn ich einmal hier lebe."

Mehmet war ganz nachdenklich geworden. Schliesslich sagte er: „Du bist sehr schon, Yildiz. Wenn ich dieser Markus ware, ich wű rde dich nicht so einfach gehen lassen."

Serdal Toluk war enttauscht, als er mit Yildiz wieder am Frankfurter Flughafen stand. Er hatte erwartet, dass auch Murat dabei war. „Wo ist er denn schon wieder? ", fragte er seine Frau argerhch.

„Er hat mir die ganze Zeit im Laden geholfen", beruhigte sie ihn. „Heute ist Sonntag. Er wollte bei semen Freunden ű bernachten und ich habe ihn nicht mehr erreicht. Ich wusste ja auch erst seit gestern Abend, wann ihr kommt." Yildiz war froh, wieder zu Hause zu sein. Die Tage, die sie mit dem Vater in Nordanatolien bei den Verwandten verbracht hatte, kamen ihr nun viel lä nger vor. Sie fuhren vom Flughafen aus gleich auf die Autobahn und waren in einer knappen Stunde zu Hause. Nach dem Abendessen legte sich Serdal Toluk etwas hin. Die Reise hatte ihn an-gestrengt. Yildiz schaute ihre Mutter von der Seite an.

„Hat er dir etwas erzä hlt? Ich meine wegen dem Haus? " Statt einer Antwort fragte die Mutter: „Was war mit Musa? Hat Vater wieder nachgegeben? " Yildiz benchtete, wie sich ihr Vater gegenű ber dem Bruder durchgesetzt hatte. Fatma Toluk war erleichtert. „Das ist gut so", sagte sie leise. Yildiz sah ihrer Mutter aber an, dass sie noch andere Sorgen hatte. „Was ist mit Murat? Wo steckt er? " Fatma Toluk trocknete sich die Hande ab und zog die Kuchentur hinter sich zu. Ihre Augen sahen sehr mű de aus. „Du wirst es ja sowieso von Markus erfahren", sagte sie. „Murat hat sich zuerst mit lhm geprű gelt, es ist wohl um seinen Bruder und den Treffpunkt der Skins gegan-gen. Aber dann haben sie sich wieder vertragen und was miteinander ausgemacht. Ich weiss aber nichts Genaues darű ber." Yildiz war wutend. „Wo ist Murat jetzt? " „Nicht so laut, Yih", flusterte die Mutter. „Davon darf Vater nichts wissen."

Yildiz war immer noch wutend. Sie musste unbedingt wissen, was mit Mark und Murat passiert war und was die beiden vorhatten. Es klingelte. Bevor Yildiz ö ffnen konnte, war ihr Vater an der Haustű r. „Mein Sohn ist nicht zu Hause", hö rte sie ihn sagen. „Was wollen Sie von ihm? " Er kam mit einem Polizisten und einem Zivihsten ins Haus. Der Zivilist zeigte ihm einen Haftbefehl gegen Murat. „Was ist los? Was soil Murat getan haben? Das ist doch ein Irrtum! "

„Ihr Sohn war bei einer Schlagerei dabei. Wo ist er? " Yildiz sah, wie ihr Vater sich an die linke Brustseite griff. „Ich bin vor einer Stunde erst zurű ckgekommen. Aus der Tű rkei." Fatma Toluk hatte sich inzwischen etwas beru-higt. „Murat ist nicht zu Hause", sagte sie zu den Polizisten. „Er ist bei Freunden. Von einer Schlagerei weiss ich nichts."

„Wo wohnen die Freunde? "

Fatma Toluk nannte ein paar Adressen. Sie wusste wirk-lich nicht, wo Murat im Augenblick war.

Als die Polizisten gingen, sagte der eine: „Beten Sie zu Allah oder wie Ihr Gott heisst, dass der Verletzte ű berlebt. Ihr Sohn hat eine ganz schon harte Faust." Sobald die Polizisten aus dem Haus waren, rief Fatma Toluk bei Murats Freunden an. Aber ű berall ging niemand ans Telefon.

„Wir mussen hinfahren, wir mű ssen lhn warnen! ", dran-gelte Yildiz. Serdal Toluk schuttelte energisch den Kopf. Sein Gesicht war plö tzlich ganz grau. " „Nein, niemand wird hinfahren. Wenn er unschuldig ist, wird ihm nichts passieren. Aber wenn es stimmt, wird er seine gerechte Strafe bekommen. Es ist alles in Allahs Handen." Yildiz sagte darauf nichts mehr. Fatma ging ins Buro und kam mit einer Zeitung zurű ck. Auf einer Seite wurde von einer Schlagerei zwischen Skins und einer tű rkischen Gruppe von Jugendlichen berichtet. Es hatte mehrere leicht Ver-letzte und einen schwer Verletzten gegeben. „Ich konnte ja nicht wissen, dass Murat dabei war", sagte sie weinend. Serdal las die Zeilen wieder und wieder. Dann stand er schweigend auf und fuhr zur Polizei. Er wollte genau wissen, was geschehen war. Aber er wurde wieder nach Hau-se geschickt, ohne dass er etwas Genaueres erfahren hatte. Am spä ten Nachmittag klingelte das Telefon. Serdal Toluk nahm den Hö rer ab, aber sagte kein Wort. Er hö rte zu, nickte ein paarmal und legte schliesslich auf. Sein Gesicht war jetzt ganz weiss. Fatma und Yddiz trauten sich nicht, ihn nach dem Anruf zu fragen. Nach einigen Minuten sagte er schliesslich: „Murat ist im Untersuchungsgefangnis. Und der Junge, den er angeblich niedergeschlagen hat, ist der schwer Verletzte. Er liegt immer noch im Roma." Fatma schlug die Hande vors Gesicht. Serdal war in sei-nem Sessel zusammengesunken und blickte starr vor sich hin.

Yildiz konnte es nicht mehr ertragen, wie ihr Vater den ganzen Abend stumm dasass. Markus fiel ihr plö tzlich ein, der musste doch etwas wissen. Sie rief Markus an. Er gab zu, dass es zwischen ihm und Murat einen heftigen Streit gegeben hatte. Aber mit der Schlagerei hatte er nichts zu tun.

„Was hast du Murat gesagt? "

„Was er wissen wollte, also wo das Versteck der Skins ist, in welcher Kneipe sie sich treffen und so weiter. Ich habe nicht gewusst, was Murat und seine Freunde genau vor-hatten, sonst hatte ich auch mitgemacht. Das kannst du mir glauben."

„Mir reicht das, was schon geschehen ist! ", schrie Yildiz ins Telefon und warf den Hö rer hin. Jetzt bin ich auch noch schuld daran, dass Murat sich sein Leben kaputt ge-macht hat, dachte sie und heulte verzweifelt. Sie werden Murat verurteilen und ihn dann in die Tű rkei abschieben. Er hat keine Chance, selbst gegen die Skins nicht. Wir sind Tű rken. Warum bin ich nur so feige gewesen, warum habe ich so lange geschwiegen!

Es war weit nach Mitternacht. Yildiz ű berlegte hin und her, wie sie Murat helfen konnte. Ich bin schuld, dachte sie. Murat ist ű berzeugt davon, dass er das tun musste. Ein Tű rke lasst die Ehre seiner Schwester nicht be-schmutzen. Sie beschloss: Ich werde hingehen und sagen, warum Murat sich mit den Skins geschlagen hat. Markus wird bestatigen, dass es so war. Dann sieht das, was er ge-tan hat, ganz anders aus. Mit dem schwer verletzten Skin hatte sie kein Mitleid. Sie dachte: Hatten die mit mir Mit-leid? Die haben mich gequalt und geschlagen. Es war ihnen egal, was aus mir wird, als sie mich allein im Wald zurű ckgelassen haben. Und was sie gesagt haben: Tű rken-hure. Raus mit dem AUSLÄ NDERpack aus Deutschland! Wir werden ihnen zeigen, was deutsche Manner mit denen machen... Nie in ihrem Leben wurde sie diese Stimmen, diese Worte vergessen. Und die Narben auf ihrer Seele wurden bleiben, die waren ja nicht zu sehen. Die konnte sie nicht als Beweis auf den Tisch legen.

 


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