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London, 14. Mai 1602 16 ñòðàíèöà






Das wü rde mir wieder mal kein Mensch glauben.

Time ain't nothin but time. It's a verse with no rhyme,

and it all comes down to you.

 

Bon Jovi

 

 


Das einzig Doofe war, dass der Song so kurz war. Ich war versucht, eine Strophe dazuzudichten, aber so was konnte den guten Gesamteindruck nur verderben, also ließ ich es sein. Ein bisschen bedauernd sang ich also meine Lieblingszeilen:»If you touch me, you'll understand what happiness is. Look, a new day has begun«- und fand einmal mehr, dass das Lied nicht speziell fü r Katzen geschrieben sein konnte. Vielleicht lag es am Punsch - ja, ganz sicher, sogar -, aber die Gä ste dieser Soiree schienen unseren Vortrag genauso zu mö gen wie die italienischen Opernarien zuvor. Jedenfalls applaudierten sie begeistert, und wä hrend Lady Brompton nach vorne eilte, beugte ich mich zu Gideon hinab und sagte innig:»Danke! Das war wirklich lieb von dir! Und du spielst so toll! «

Er stü tzte wieder seinen Kopf in seine Hand, als kö nne er nicht fassen, was er getan hatte.

Lady Brompton umarmte mich und Mr Merchant kü sste mich ü berschwä nglich auf beide Wangen, nannte mich»Goldkehlchen«und verlangte eine Zugabe.

Ich war in so guter Stimmung, dass ich sofort weitergemacht hä tte, aber da erwachte Gideon aus seiner Erstarrung, stand auf und packte mein Handgelenk.»Ich bin sicher, Andrew Lloyd Webber wä re entzü ckt, wenn er wü sste, dass man seine Musik hier bereits zu schä tzen weiß, aber meine Schwester muss sich jetzt ausruhen. Sie hatte bis zur letzten Woche noch eine schlimme Halsentzü ndung und muss ihre Stimme auf ä rztliche Anweisung schonen - sie kö nnte sie sonst eventuell fü r immer verlieren.«

»Um Himmels willen«, rief Lady Brompton.»Warum habt Ihr das nicht frü her gesagt? Das arme Mä dchen! «

Ich summte vergnü gt vor mich hin -»I feel pretty«aus West Side Story.

»Ich... Euer Punsch hat es wohl wirklich in sich«, sagte Gideon.»Ich denke, er verfü hrt dazu, alle Vorsicht auß er Acht zu lassen.«

»Oh ja, das tut er«, sagte Lady Brompton und strahlte ü ber das ganze Gesicht. Mit gedä mpfter Stimme fuhr sie fort:»Ihr habt soeben das Geheimnis um meine Gastgeberqualitä ten gelü ftet. Ganz London beneidet uns um unsere stimmungsvollen Feste, man reiß t sich um eine Einladung bei uns. Aber ich habe Jahre gebraucht, um das Rezept zu verfeinern, und ich gedenke, es erst auf meinem Sterbebett weiterzugeben.«

»Wie schade«, sagte ich.»Aber es stimmt: Ihre Soiree ist so viel schö ner, als ich es mir vorgestellt hatte! Man hatte mir versichert, dass es sich um eine langweilige, steife...«

»... ihre Gouvernante ist ein wenig konservativ«, fiel Gideon mir ins Wort.»Und man kann sagen, dass das gesellschaftliche Leben in Derbyshire ein wenig rü ckstä ndig ist.«

Lady Brompton kicherte.»Oh ja, davon bin ich ü berzeugt. Oh, da ist ja endlich Lord Alastair! «Sie sah hinü ber zur Tü r, wo Lord Brompton einen Neuankö mmling begrü ß te. Es war ein Mann vermutlich mittleren Alters (schwer zu sagen wegen der schneeweiß en Perü cke, die er aufhatte), der einen so ü ppig mit Glitzergarn und -steinchen bestickten Gehrock trug, dass er weithin zu funkeln schien. Der Glitzereffekt wurde noch verstä rkt durch den ganz in Schwarz gekleideten Mann, der neben ihm stand. Er war in einen schwarzen Umhang gehü llt und hatte pechschwarze Haare zu olivfarbenem Teint und selbst auf die Entfernung konnte ich sehen, dass seine Augen, ä hnlich denen von Rakoczy, riesigen schwarzen Lö chern glichen. In der bunten, juwelengeschmü ckten Gesellschaft wirkte er wie ein Fremdkö rper.»Ich dachte schon, Alastair wü rde uns heute nicht mehr beehren. Was nicht weiter tragisch gewesen wä re, wenn Ihr mich fragt. Seine Anwesenheit trä gt nicht gerade zu Ausgelassenheit und Frohsinn bei. Ich werde versuchen, ihm ein Glä schen Punsch aufzuschwatzen und ihn dann nach nebenan zum Kartenspielen schicken...«

»Und wir werden versuchen, seine Stimmung mit ein wenig Gesang zu heben«, sagte Mr Merchant und setzte sich ans Spinett.»Wü rdet Ihr mir die Ehre erweisen, Lady Lavinia? Cosi fan tutte? «

Gideon legte meine Hand auf seinen Arm und fü hrte mich ein paar Schritte zur Seite.»Wie viel, zur Hö lle, hast du getrunken? «

»Ein paar Glä ser«, gab ich zu.»Bestimmt ist die geheime Zutat noch etwas anderes als Alkohol. Vielleicht Absinth? Wie in diesem traurigen Film mit Nicole Kidman. Moulin Rouge.«

Ich seufzte. »The greatest thing you'll ever learn is just to love and be loved in return. Ich wette, das kannst du auch spielen.«

»Nur um das mal klarzustellen: Ich hasse Musicals«, sagte Gideon.»Meinst du, du hä ltst noch ein paar Minuten durch? Lord Alastair ist endlich eingetroffen, und wenn wir ihn begrü ß t haben, kö nnen wir gehen.«

»Jetzt schon? Wie schade«, sagte ich.

Gideon sah mich kopfschü ttelnd an.»Du hast offensichtlich jegliches Zeitgefü hl verloren. Wenn ich kö nnte, wü rde ich deinen Kopf unter kaltes Wasser halten.«

Der Graf von Saint Germain trat an unsere Seite.»Das war ja ein... ganz besonderer Vortrag«, sagte er und blickte Gideon mit hochgezogener Augenbraue an.

»Es tut mir leid«, sagte Gideon mit einem Seufzer und sah hinü ber zu den beiden Neuankö mmlingen.»Lord Alastair wirkt ein wenig fü lliger als frü her.«

Der Graf lachte.»Mach dir keine falschen Hoffnungen. Mein Feind ist immer noch blendend in Form. Rakoczy hat ihn heute Nachmittag bei Galliano fechten sehen - all die jungen Gecken hatten keine Chance gegen ihn. Folgt mir, ich kann es gar nicht erwarten, sein Gesicht zu sehen.«

»Er ist heute so nett«, flü sterte ich Gideon zu, wä hrend wir dem Grafen hinterhergingen.»Weiß t du, letztes Mal hat er mir so eine Angst eingejagt, aber heute habe ich fast das Gefü hl, als wä re er mein Groß vater oder so. Irgendwie mag ich ihn. Es war so lieb von ihm, dir die Stradivari zu schenken. Sie ist sicher ein Vermö gen wert, wenn man sie bei eBay versteigert. Ups, immer noch alles so wackelig hier.«

Gideon legte seine Hand um meine Taille.»Ich schwö re dir, ich bringe dich um, wenn wir das hier hinter uns haben«, murmelte er.

»Nuschle ich eigentlich? «

»Noch nicht«, sagte er.»Aber ich bin sicher, das kommt noch.«

»Habe ich Euch nicht gesagt, dass er jeden Moment eintreffen kann? «Lord Brompton legte eine Hand auf die Schulter des Mannes in glitzerndem Gold und die andere auf die des Grafen.»Man sagte mir, Ihr seid bereits miteinander bekannt. Lord Alastair, Ihr habt nie ein Wort darü ber verloren, dass Ihr den berü hmten Grafen von Saint Germain persö nlich kennt.«

»Das ist nichts, mit dem ich zu prahlen pflege«, sagte Lord Alastair arrogant und der schwarz gekleidete Mann mit dem olivfarbenen Teint, der ein kleines Stü ck hinter ihm stand, ergä nzte mit rauer Stimme:»So ist es.«Seine schwarzen Augen brannten dem Grafen fö rmlich Lö cher ins Gesicht, sodass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass er ihn zutiefst hasste. Fü r einen Moment kam mir der Gedanke, dass er unter seinem Umhang einen Degen verborgen hatte, den zu zü cken er jeden Augenblick beabsichtigte. Warum er ü berhaupt einen solchen Umhang trug, war mir ein Rä tsel. Erstens war es warm genug und zweitens wirkte es in dieser festlichen Umgebung unhö flich und wunderlich.

Lord Brompton strahlte frö hlich in die Runde, als wü rde er von der feindseligen Stimmung gar nichts mitbekommen.

Der Graf trat vor.»Lord Alastair, welche Freude! Auch wenn unsere Bekanntschaft einige Jahre zurü ckliegt, habe ich Euch niemals vergessen«, sagte er.

Da ich hinter Saint Germain stand, konnte ich sein Gesicht nicht sehen, aber es hö rte sich an, als ob er lä chelte. Seine Stimme klang freundlich und heiter.»Ich erinnere mich noch an unsere Gesprä che ü ber Sklaverei und Moral und wie erstaunlich ich es fand, dass Ihr beides so perfekt voneinander zu trennen in der Lage wart - genau wie Euer Vater.«

»Der Graf vergisst niemals etwas«, sagte Lord Brompton schwä rmerisch.»Sein Gehirn ist phä nomenal! In den letzten Tagen in seiner Gesellschaft habe ich mehr gelernt als in meinem ganzen Leben zuvor. Wusstet Ihr beispielsweise, dass der Graf in der Lage ist, kü nstliche Edelsteine herzustellen? «

»Ja, das war mir bekannt.«Lord Alastairs Blick wurde, wenn ü berhaupt mö glich, noch kä lter und sein Begleiter atmete schwer, wie jemand, der kurz davor ist, Amok zu laufen. Ich starrte ganz fasziniert auf seinen Umhang.

»Die Wissenschaft ist nicht unbedingt Lord Alastairs Steckenpferd, soweit ich mich erinnere«, sagte der Graf.»Oh, wie unhö flich von mir.«Er trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf Gideon und mich frei.»Ich wollte Euch doch diese beiden bezaubernden jungen Menschen vorstellen. Ehrlich gesagt war das der einzige Grund, warum ich mich heute hier eingefunden habe. In meinem Alter meidet man Gesellschaften und begibt sich abends frü h zu Bett.«

Bei Gideons Anblick weiteten sich die Augen des Lords unglä ubig.

Lord Brompton schob seinen massigen Leib zwischen Gideon und mich.»Lord Alastair, darf ich Euch den Sohn des Viscount of Batten vorstellen? Und das Mü ndel des Viscount, die entzü ckende Miss Gray.«

Meine Reverenz fiel aus zweierlei Grü nden etwas weniger ehrerbietig aus, als die Etikette es vorschrieb: Zum einen fü rchtete ich um mein Gleichgewicht, zum anderen wirkte der Lord so arrogant, dass ich ganz vergaß, dass ich nur das mittellose Mü ndel des Viscount of Batten darstellte. Hey, ich war selber die Enkeltochter eines Lords mit einer langen und ruhmvollen Ahnenreihe und auß erdem spielte die Herkunft in unserer Zeit ü berhaupt keine Rolle mehr - alle Menschen waren gleich, oder etwa nicht?

Lord Alastairs Blick hä tte mir zu jeder anderen Zeit das Blut in den Adern gefrieren lassen, aber der Punsch war ein zuverlä ssiges Antifrostmittel, und daher erwiderte ich seinen Blick so hoheitsvoll wie mö glich. Lange schenkte er mir ohnehin keine Aufmerksamkeit, es war Gideon, den er nicht aus den Augen ließ, wä hrend Lord Brompton frö hlich auf uns einplapperte.

Niemand machte sich die Mü he, den schwarz gekleideten Begleiter von Lord Alastair vorzustellen, und niemand schien mitzubekommen, wie er mich ü ber Lord Alastairs Schulter anstarrte und knurrte:»Du! Dä mon mit den Saphiraugen! Du wirst bald zur Hö lle fahren.«

Wie bitte? Das ging jetzt aber wirklich zu weit. Ich sah Hilfe suchend zu Gideon, der ein etwas angespanntes Lä cheln zur Schau trug. Aber er sprach erst, als Lord Brompton sich entfernen wollte, um seine Frau zu holen - und ein paar Glä ser Punsch.

»Bitte keine Mü he, Lord Brompton«, sagte er.»Wir mü ssen uns ohnehin bald verabschieden. Meine Schwester ist noch etwas schwach nach der langen Krankheit und das lange Aufbleiben nicht gewö hnt.«Er legte seinen Arm wieder um meine Taille und fasste mit der anderen nach meinem Unterarm.»Wie Ihr seht, ist sie ein wenig unsicher auf den Beinen.«

Wie recht er hatte! Der Boden schwankte wirklich unangenehm unter meinen Fü ß en. Dankbar lehnte ich mich an Gideon.

»Oh, ich bin gleich wieder da! «, rief der Lord.»Meine Frau kann Euch gewiss noch zum Bleiben ü berreden.«

Der Graf von Saint Germain sah ihm lä chelnd hinterher.»Er ist so eine Seele von einem Mensch - harmoniebedü rftig wie er ist, wü rde er es nicht ertragen, wenn wir uns streiten.«

Lord Alastair musterte Gideon mit unverhohlener Feindseligkeit.»Damals war er noch als ein gewisser Marquess Well-done unterwegs, wenn ich mich recht erinnere. Und heute also der Sohn eines Viscounts. Wie Ihr neigt wohl auch Euer Protege zur Hochstapelei. Wie bedauerlich.«

»Das nennt man diplomatisches Pseudonym«, sagte der Graf immer noch lä chelnd.»Aber davon versteht Ihr nichts. Wie auch immer: Ich hö rte, Ihr habt den kleinen Fechtkampf bei Eurem Treffen vor elf Jahren sehr genossen.«

»Ich genieß e jeden Fechtkampf«, sagte Lord Alastair. Er tat so, als hö rte er nicht, wie sein Begleiter»Zerschmettert die Feinde Gottes mit den Schwertern der Engel und Erzengel«raunte, sondern fuhr ungerü hrt fort:»Und ich habe seitdem einige Kniffe dazugelernt. Euer Protege hingegen scheint in diesen elf Jahren um nur wenige Tage gealtert zu sein - und wie ich mich selber ü berzeugen konnte, hatte er keine Zeit, seine Technik zu verbessern.«

»Selber ü berzeugen? «, sagte Gideon und lachte verä chtlich.»Dazu hä ttet Ihr auch selber vorbeikommen mü ssen. Aber Ihr habt nur Eure Mä nner geschickt und fü r die hat meine Technik vollkommen ausgereicht. Womit sich wieder zeigt, dass es besser ist, so etwas selber in die Hand zu nehmen.«

»Solltet Ihr...? «Lord Alastairs Augen verengten sich.»Ach - Ihr sprecht von dem Vorfall im Hyde Park vergangenen Montag. Richtig - das hä tte ich wohl selber in die Hand nehmen sollen. Es war ohnehin nur eine spontane Idee. Aber ohne die Hilfe von schwarzer Magie und einem... Mä dchen hä ttet Ihr wohl kaum ü berlebt.«

»Ich bin froh, dass Ihr das so offen ansprecht«, sagte der Graf.»Denn seit Eure Mä nner meinen jungen Freunden hier ans Leben wollten, bin ich etwas ungehalten... ich dachte, ich sei derjenige, auf den Ihr Eure Aggressionen konzentriert. Sicher versteht Ihr, dass ich so etwas nicht noch einmal dulden werde.«

»Ihr tut, was Ihr zu tun mü ssen glaubt, und ich tue, was ich tun muss«, erwiderte Lord Alastair und sein Begleiter rö chelte:»Tod! Tod den Dä monen! «, so eigenartig, dass ich nicht mehr ausschloss, dass er unter seinem Umhang ein Laserschwert versteckt hatte. Er hatte doch wohl eindeutig einen an der Waffel. Ich fand es nicht lä nger zulä ssig, sein merkwü rdiges Verhalten zu ignorieren.

»Wir sind uns zwar nicht vorgestellt worden und ich gebe zu, dass ich auch so meine Probleme mit den heutigen Umgangsformen habe«, sagte ich und sah ihm direkt in die Augen.»Aber dieses Gerede von Tod und Dä monen finde ich absolut unangebracht.«

»Sprich nicht mit mir, Dä mon! «, sagte Darth Vader unwirsch.»Ich bin fü r deine Saphiraugen unsichtbar! Und deine Ohren kö nnen mich nicht hö ren.«

»Ja, schö n wä r's«, sagte ich und wollte plö tzlich nach Hause. Oder wenigstens zurü ck aufs Sofa, harte Lehne hin oder her. Der ganze Raum schwankte um mich herum wie ein Schiff auf hoher See.

Gideon, der Graf und Lord Alastair schienen vorü bergehend aus dem Konzept gebracht worden zu sein. Sie vergaß en ganz, sich kryptische Dinge an den Kopf zu werfen, und starrten mich befremdet an.

»Die Schwerter meiner Nachfahren werden sich durch euer Fleisch bohren, die florentinische Allianz wird rä chen, was meinem Geschlecht angetan wurde, und vom Antlitz dieser Erde tilgen, was nicht von Gott gewollt ist«, sagte Darth Vader zu niemandem Bestimmten.

»Mit wem sprichst du? «, flü sterte Gideon.

»Mit dem da«, sagte ich, klammerte mich ein bisschen fester an ihn und zeigte auf Darth Vader.»Jemand sollte ihm sagen, dass sein Umhang schei... nicht gerade der neusten Mode entspricht. Und dass ich - bitte schö n - kein Dä mon bin und auch nicht von den Schwertern seiner Nachfahren durchbohrt und von der Erde getilgt werden will. Au.«

Gideons Hand hatte meinen Unterarm zusammengepresst.

»Was soll diese Komö die, Graf? «, fragte Lord Alastair und rü ckte sich eine protzige Brosche an seinem Halstuch zurecht.

Der Graf beachtete ihn nicht. Sein Blick unter den schweren Augenlidern ruhte auf mir.»Das ist interessant«, sagte er mit leiser Stimme.»Offensichtlich kann sie direkt in Eure schwarze, verwirrte Seele blicken, lieber Alastair.«

»Sie hat so viel Wein getrunken, dass ich fü rchte, sie fantasiert«, sagte Gideon und zischte mir ins Ohr:»Halt die Klappe! «

Mein Magen zog sich vor Schreck schmerzhaft zusammen, weil mir auf einen Schlag klar wurde, dass die anderen Darth Vader nicht sehen und hö ren konnten, und zwar deshalb nicht, weil er ein verdammter Geist war! Wä re ich nicht so betrunken gewesen, hä tte ich schon frü her auf diese naheliegende Idee kommen mü ssen. Wie dumm konnte man eigentlich sein? Weder seine Kleider noch seine Frisur passten in dieses Jahrhundert, und spä testens als er mit seinem pathetischen Gerö chel angefangen hatte, hä tte ich merken mü ssen, wen beziehungsweise was ich da vor mir hatte.

Lord Alastair legte seinen Kopf in den Nacken und sagte:»Wir beide wissen, wessen Seele hier des Teufels ist, Graf. Mit Gottes Hilfe werde ich verhindern, dass diese... Kreaturen ü berhaupt erst geboren werden! «

»Durchbohrt von den Schwertern der heiligen florentinischen Allianz«, ergä nzte Darth Vader salbungsvoll.

Der Graf lachte.»Ihr habt die Gesetze der Zeit immer noch nicht begriffen, Alastair. Allein die Tatsache, dass diese beiden hier vor Euch stehen, beweist, dass Euer Vorhaben nicht gelingen wird. Vielleicht solltet Ihr also nicht allzu sehr auf Gottes Hilfe in dieser Angelegenheit bauen. Und auch nicht weiterhin auf meine Langmut.«Plö tzlich lag eine Eiseskä lte in seinem Blick und seiner Stimme und ich bemerkte, wie der Lord zurü ckschreckte. Fü r einen kurzen Augenblick war jegliche Arroganz aus seiner Miene verschwunden und nackte Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.

»Indem Ihr die Spielregeln verä ndert habt, habt Ihr Euer eigenes Leben verwirkt«, sagte der Graf mit genau derselben Stimme, mit der er mich bei unserem letzten Treffen zu Tode erschreckt hatte, und auf einmal war ich auch wieder ü berzeugt davon, dass er jemandem eigenhä ndig die Kehle durchschneiden konnte.

»Eure Drohung wirkt bei mir nicht«, flü sterte Lord Alastair, aber seine Miene strafte ihn Lü gen. Leichenblass griff er sich an den Adamsapfel.

»Ihr wollt doch wohl nicht wirklich schon gehen, meine Lieben? «Lady Brompton kam mit rauschenden Rö cken herbeigeeilt und sah frö hlich in die Runde.

Die Zü ge des Grafen von Saint Germain entspannten sich wieder und in ihnen war nichts als Liebenswü rdigkeit zu sehen.»Ah, da ist ja unsere zauberhafte Gastgeberin. Ich muss sagen, Ihr werdet Eurem Ruf wirklich gerecht, Mylady. Ich habe mich lange nicht mehr so gut amü siert.«

Lord Alastair rieb sich seinen Hals. Langsam kehrte die Farbe in seine Wangen zurü ck.

»Satanas! Satanas! «, rief Darth Vader aufgebracht.»Zerschmettern werden wir dich, die verlogene Zunge werden wir eigenhä ndig dir herausreiß en...«

»Meine jungen Freunde hier bedauern ebenso sehr wie ich, dass wir schon aufbrechen mü ssen«, fuhr der Graf mit einem Lä cheln fort.»Aber Ihr werdet sie ja schon bald wiedertreffen, auf dem Ball von Lord und Lady Pimplebottom.«

»Eine Gesellschaft ist immer nur so interessant wie ihre Gä ste«, sagte Lady Brompton.»Ich wü rde mich daher freuen, Euch bald wieder bei mir begrü ß en zu dü rfen. Ebenso Eure entzü ckenden jungen Freunde. Es war uns allen ein groß es Vergnü gen.«

»Das Vergnü gen ist ganz auf unserer Seite«, sagte Gideon und ließ mich vorsichtig los, so als wä re er nicht sicher, ob ich allein stehen konnte. Obwohl der Raum immer noch schwankte wie ein Schiff und die Gedanken in meinem Kopf unter heftiger Seekrankheit zu leiden schienen (um im Bild zu bleiben), gelang es mir bei der Verabschiedung noch einmal, mich zusammenzureiß en und Giordanos und vor allem James' Erziehung alle Ehre zu machen. Nur Lord Alastair und den immer noch wü ste Drohungen ausstoß enden Geist wü rdigte ich keines Blickes mehr. Ich knickste vor Lord und Lady Brompton und bedankte mich fü r den schö nen Abend und ich zuckte nicht mit der Wimper, als Lord Brompton eine feuchte Kussspur auf meiner Hand hinterließ.

Vor dem Grafen machte ich eine sehr tiefe Reverenz, aber ich wagte es nicht, ihm noch einmal ins Gesicht zu sehen. Als er leise sagte:»Wir sehen uns dann gestern Nachmittag«, nickte ich nur und wartete mit niedergeschlagenen Augen, bis Gideon wieder an meiner Seite war und nach meinem Arm griff. Dankbar ließ ich mich von ihm aus dem Salon fü hren.

 

»Verdammt, Gwendolyn - das ist doch keine Party bei deinen Schulfreunden! Wie konntest du nur? «Grob legte Gideon mir meinen Schal um die Schultern. Er sah aus, als ob er mich am liebsten geschü ttelt hä tte.

»Es tut mir leid«, sagte ich zum wiederholten Mal.

»Lord Alastair ist nur in Begleitung eines Pagen und seines Kutschers hier«, raunte Rakoczy, der wie eine Art Kastenteufel hinter Gideon auftauchte.»Der Weg und die Kirche sind gesichert. Alle Eingä nge der Kirche sind bewacht.«

»Dann komm«, sagte Gideon und griff nach meiner Hand.

»Ich kö nnte die junge Dame auch tragen«, schlug Rakoczy vor.»Sie scheint nicht mehr so sicher auf den Beinen zu sein.«

»Eine reizvolle Idee, aber - nein danke«, sagte Gideon.»Die paar Meter schafft sie allein, oder? «Ich nickte entschlossen.

Der Regen war stä rker geworden. Nach dem hell erleuchteten Salon der Bromptons war der Gang durch die Dunkelheit zurü ck zur Kirche noch unheimlicher als auf dem Hinweg. Wieder schienen die Schatten lebendig zu werden, wieder vermutete ich in jedem Winkel eine Gestalt, bereit, sich auf uns zu stü rzen. »... vom Antlitz dieser Erde tilgen, was nicht von Gott gewollt ist«, schienen die Schatten zu raunen.

Auch Gideon schien der Weg nicht geheuer zu sein. Er ging so schnell, dass ich Mü he hatte, Schritt zu halten, und er sagte kein einziges Wort. Leider sorgte die Nä sse weder fü r einen klaren Kopf noch dafü r, dass der Boden aufhö rte zu schwanken. Daher war ich unendlich erleichtert, als wir in der Kirche angekommen waren und Gideon mich auf eine der Bä nke vor dem Altar niederdrü ckte. Wä hrend er ein paar Worte mit Rakoczy wechselte, schloss ich die Augen und verfluchte meine Unvernunft. Sicher, dieser Punsch hatte auch positive Nebenwirkungen gehabt, aber alles in allem hä tte ich mich besser an Leslies und meinen Antialkohol-Pakt gehalten. Hinterher war man immer klü ger.

Wie bei unserer Ankunft hier brannte nur eine einzige Kerze auf dem Altar und von dieser kleinen, flackernden Lichtinsel abgesehen lag die Kirche im Dü steren. Als Rakoczy sich zurü ckzog -»Alle Tü ren und Fenster werden von meinen Leuten ü berwacht, bis Ihr zurü ckspringt«-, wurde ich von Angst ü bermannt. Ich sah zu Gideon hoch, der neben meine Bank getreten war.

»Hier drin ist es genauso gruselig wie drauß en. Warum bleibt er nicht bei uns? «

»Aus Hö flichkeit.«Er verschrä nkte seine Arme.»Er mö chte nicht mit anhö ren, wie ich dich anschreie. Aber keine Sorge, wir sind allein. Rakoczys Leute haben jeden Winkel abgesucht.«

»Wie lange dauert es denn noch, bis wir springen? «

»Nicht mehr lang. Gwendolyn - dir ist schon klar, dass du so ziemlich genau das Gegenteil von dem gemacht hast, was du tun solltest, oder? Wie immer, eigentlich.«

»Du hä ttest mich eben nicht allein lassen sollen - ich wette, das war auch so ziemlich das Gegenteil von dem, was du tun solltest! «

»Jetzt gib bloß nicht mir die Schuld! Erst betrinkst du dich, dann singst du Musical-Songs und schließ lich benimmst du dich ausgerechnet vor Lord Alastair wie eine Verrü ckte! Was sollte denn das Gerede ü ber Schwerter und Dä monen? «

»Ich habe nicht damit angefangen. Das war dieser schwarze, unheimliche Gei-«Ich biss mir auf die Lippen. Das konnte ich ihm einfach nicht sagen, er hielt mich ohnehin fü r merkwü rdig genug.

Gideon missverstand mein plö tzliches Schweigen vollkommen falsch.»Oh nein! Bitte ü bergib dich nicht! Oder wenn, dann irgendwo weit weg von mir.«Er betrachtete mich leicht angewidert.»Himmel, Gwendolyn, ich verstehe ja, dass es einen gewissen Reiz hat, sich auf einer Party zu betrinken, aber doch nicht auf dieser! «

»Mir ist nicht schlecht.«Noch jedenfalls nicht.»Und ich trinke niemals auf Partys - ganz gleich, was dir Charlotte erzä hlt hat.«

»Sie hat mir gar nichts erzä hlt«, sagte Gideon.

Ich musste lachen.»Nee, klar. Sie hat auch nicht behauptet, dass ich und Leslie mit jedem Jungen aus unserer Klasse was hatten und auß erdem so ziemlich mit jedem aus den Klassen darü ber, oder? «

»Warum sollte sie so was sagen? «

Lass mal ü berlegen - vielleicht, weil sie eine hinterhä ltige rothaarige Hexe ist? Ich versuchte, mich an der Kopfhaut zu kratzen, aber meine Finger kamen nicht durch den aufgetü rmten Lockenberg. Darum zog ich eine Haarnadel heraus und benutzte sie als Kratzer.»Es tut mir leid - wirklich! Man kann ü ber Charlotte sagen, was man will, aber ganz sicher hä tte sie nicht mal an diesem Punsch gerochen.«

»Das stimmt«, sagte Gideon und lä chelte plö tzlich.»Allerdings hä tten diese Menschen dann auch nicht Andrew Lloyd Webber zu hö ren bekommen, zweihundert Jahre zu frü h, und das wä re doch sehr schade gewesen.«

»Richtig... auch wenn ich morgen wahrscheinlich vor Scham darü ber im Boden versinken mö chte.«Ich vergrub das Gesicht in meinen Hä nden.»Eigentlich jetzt schon, wenn ich es recht bedenke.«

»Das ist gut«, sagte Gideon.»Es bedeutet, die Wirkung des Alkohols lä sst schon nach. Eine Frage hä tte ich aber noch: Wozu hä ttest du die Haarbü rste gebraucht? «

»Als Mikro-Ersatz«, murmelte ich zwischen meinen Fingern hindurch.»Oh mein Gott! Ich bin schrecklich.«

»Aber du hast eine hü bsche Stimme«, sagte Gideon.»Selbst mir als erklä rtem Musical-Hasser hat es gefallen.«

»Warum konntest du es so gut spielen, wenn du es hasst? «Ich legte die Hä nde in meinen Schoß und sah ihn an.»Du warst unglaublich! Gibt es eigentlich irgendwas, was du nicht kannst? «Himmel, ich hö rte mich an wie ein Groupie.

»Nein! Du darfst mich ruhig fü r einen Gott halten.«Er grinste.»Das ist auch wieder irgendwie sü ß von dir. Komm, es ist fast so weit. Wir mü ssen auf unsere Position.«

Ich stand auf und versuchte, mich so gerade zu halten wie mö glich.

»Hier rü ber«, dirigierte Gideon.»Komm schon, guck nicht so zerknirscht. Im Grunde genommen ist der Abend ein Erfolg gewesen. Es war vielleicht ein bisschen anders als gedacht, aber es verlief alles genau nach Plan. Hey, stehen geblieben.«Er umfasste meine Taille mit beiden Hä nden und zog mich an sich, bis mein Rü cken an seiner Brust lag.»Du darfst dich ruhig gegen mich lehnen.«Er schwieg einen Moment.»Und tut mir leid, dass ich eben so garstig war.«

»Schon vergessen.«Was ein bisschen gelogen war. Aber es war das erste Mal, dass Gideon sich fü r sein Verhalten entschuldigte, und vielleicht lag es an dem Alkohol oder am Nachlassen seiner Wirkung, aber ich war davon sehr gerü hrt.

Eine Weile standen wir schweigend da und schauten auf das flackernde Licht der Kerze weiter vorn. Die Schatten zwischen den Sä ulen schienen sich ebenfalls zu bewegen und warfen dunkle Muster auf den Boden und an die Decke.»Dieser Alastair - warum hasst er den Grafen so? Ist es was Persö nliches? «

Gideon begann, mit einer der Haarlocken zu spielen, die mir auf die Schulter fielen.»Wie man es nimmt. Was sich so vollmundig florentinische Allianz nennt, ist in Wirklichkeit seit Jahrhunderten eine Art Familienbetrieb. Bei seinen Zeitreisen ins 16. Jahrhundert geriet der Graf versehentlich mit der Familie des Conte di Madrone in Florenz aneinander. Oder sagen wir, seine Fä higkeiten wurden von ihnen gä nzlich missverstanden. Zeitreisen vertrugen sich nicht mit der religiö sen Auffassung des Conte, auß erdem gab es da wohl ein Missverstä ndnis mit der Tochter, jedenfalls war er ü berzeugt, einen Dä mon vor sich zu haben, und fü hlte sich von Gott berufen, diese Ausgeburt der Hö lle auszurotten.«Seine Stimme war auf einmal ganz nah an meinem Ohr, und bevor er weitersprach, berü hrte er mit seinen Lippen meinen Hals.»Als der Conte di Madrone starb, ü bernahm sein Sohn dieses Erbe und nach ihm dessen Sohn und so weiter. Lord Alastair ist der letzte einer Reihe von fanatischen eingebildeten Dä monenjä gern, wenn du so willst.«

»Verstehe«, sagte ich, was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Aber es passte irgendwie zu dem, was ich vorhin gesehen und gehö rt hatte.»Sag mal, kü sst du mich gerade? «

»Nein, nur beinahe«, murmelte Gideon, die Lippen direkt ü ber meiner Haut.»Ich mö chte auf keinen Fall ausnutzen, dass du betrunken bist und mich gerade fü r einen Gott hä ltst. Aber es ist irgendwie schwer fü r mich...«


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